Liebe Leserinnen und Leser,

schon heute Abend der Kamin, morgen dann die offizielle Sitzung: In Berlin trifft sich die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK), auch um das für die Universitäten so wichtige Thema DFG-Overheadpauschalen abzuräumen. Zeit wird es, die gegenwärtige Regelung läuft Ende des Jahres aus. Worum sich die Verhandlungen drehten und warum sich einige Länder sehr schwertaten, habe ich im Oktober hier beschrieben. Und auch, dass es aller Voraussicht nach auf 25 Prozent hinauslaufen wird – deutlich unterhalb der im Koalitionsvertrag angekündigten 30 Prozent. Die Universitäten werden einerseits erleichtert sein, andererseits sagen: Das reicht nicht. Und sich sorgen, dass ihnen der Länderanteil an dem Paket an anderer Stelle wieder abgezogen wird.

Für Freitagfrüh haben der GWK-Vorsitzende Falko Mohrs (im Hauptberuf niedersächsischer Wissenschaftsminister) und seine Stellvertreterin, BMFTR-Chefin Dorothee Bär, zu einem "Doorstep" genannten Pressestatement eingeladen. Das dürfte so knapp ausfallen, dass sie zu den anderen Themen, die vor allem die Länder gerade bewegen, wenig bis nichts sagen: Hochschulbau, Transfer sowie die bislang total unkonkrete Deutsche Anwendungsforschungsgemeinschaft (DAFG). Und dann wäre da noch die Hightech-Agenda, bei der sich die Länder zunehmend aufgeregt fragen, welche Rolle eigentlich sie genau darin spielen sollen. 

Nach dem Doorstep muss Bär weiter in den Bundestag, zur Debatte über ihren Haushalt. Der offizielle GWK-Teil muss also ohne die Bundesministerin stattfinden. Nicht schlimm. Die wichtigen Gespräche haben dann sowieso schon stattgefunden – am Kamin.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre dieses Newsletters.

Ihr Jan-Martin Wiarda

Die unterschätzte Kraft der Bürokratie

Warum das zeitgeistige Rufen nach Entbürokratisierung der Wissenschaft gefährlich werden kann – und nicht jede abgeschaffte Vorgabe eine gute ist. 

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"Es geht um Macht"
Wissenschaft – eine heile Welt? Von wegen, sagt die Bildungsforscherin Lisa Niendorf alias "FrauForschung". Die Forschung verstehe nur, wer sich mit der sozialen Ungerechtigkeit des deutschen Wissenschaftssystems auseinandersetzt. Ein Interview über Universitäten zwischen Exzellenz, Ausbeutung und Diskriminierung.

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Deutschlands internationale Hochschulbilanz: stark mit Schwachstellen

Der jährliche Bericht "Wissenschaft weltoffen" zeigt Rekorde, Risiken und überraschende Trends.

Das fragile Ethos der Unabhängigkeit

Wie politische Eingriffe und systeminterne Verzerrungen die Unabhängigkeit der Forschung bedrohen – und welche Bedingungen Forschung heute wirklich frei machen. Ein Gastbeitrag von Peter Dabrock.

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Wettbewerb um Studierende?

Diesen Freitag veröffentlicht das Statistische Bundesamt wieder vorläufige Ergebnisse zu den bundesweiten Studierendenzahlen im Wintersemester. Die bereits bekannten Rückmeldungen einzelner Bundesländer sind uneinheitlich. 

Hessen berichtet einen leichten Aufwärtstrend bei den Erstsemestern (+2,9 Prozent) und einen nur noch leichten Rückgang bei der Gesamt-Studierendenzahl – die mit knapp 244.000 aber um mittlerweile fast neun Prozent unter dem Spitzenjahr 2020/21 liegt. 
 
Minimal mehr – in absoluten Zahlen: 200 zusätzliche – Studienanfänger gibt es auch an den staatlichen Hochschulen Schleswig-Holsteins, das in den vergangenen Jahren bei den insgesamt eingeschriebenen Studierenden ebenfalls ein deutliches Minus hinnehmen musste. In Bayern, wo wegen der Rückkehr zu G9 der Abijahrgang 2025 größtenteils ausgefallen ist, feiert man derweil, dass mit 405.000 Studierenden nur zwei Prozent weniger immatrikuliert sind als im Rekordjahr 2024.
 
Daneben gibt es quer durchs Land die Erfolgsnachrichten einzelner Hochschulen, wobei sich die Schlagzeilen ähneln: "Bundesweit gehen die Studierendenzahlen zurück – in Ludwigshafen nicht". Oder: "Gegen den Bundestrend: Mehr Studienanfänger an drei Thüringer Hochschulen". 
 
Warten wir mal ab, wie der Bundestrend tatsächlich ausfällt. Vergangenes Wintersemester 2024/25 war die bundesweite Gesamtstudierendenzahl den Schnellmeldungen der Landesämter zufolge erstmals seit drei Jahren wieder gestiegen, in der finalen Berechnung ein paar Monate später wurde dann doch noch ein leichtes Minus daraus. Nicht so bei den Erstsemestern: Die wurden schon das dritte Jahr in Folge wieder (leicht) mehr, wobei der Zuwachs zum wiederholten Mal allein von den internationalen Studienanfängern getragen wurde. 

Wie groß deren Bedeutung für den Hochschul- und Wissenschaftsstandort ist, hat gerade erst wieder "Wissenschaft weltoffen" gezeigt, über das ich diese Woche berichtet habe. Fest steht: Neue Studierende, vor denen sich die deutschen Hochschulen über viele Jahre kaum retten konnten, sind wieder begehrt geworden, und jede Hochschulleitung verfolgt aufmerksam-besorgt die Entwicklung der Zahlen. 
 
Die Kultusministerkonferenz prognostizierte zuletzt im September, dass es dieses und nächstes Jahr bei den Erstsemestern nochmal runtergeht, um über sechs Prozent, vor allem wegen besagter Abijahrgangausfälle zunächst in Bayern, dann in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Aber schon von 2027 an soll die Richtung wieder aufwärts sein – und Mitte der 30er Jahre neue Rekorde anstehen. Realistisch – oder auch ein bisschen Showzahlen für die Haushaltspolitiker, damit die jetzt nicht zu sehr die Hochschulfinanzierung runterschrauben (was sie vielerorts ja längst tun)? 
 
Sei’s drum. Verwunderlich ist, dass zumindest die staatlichen Hochschulen bei allem bangen Warten auf Erstsemester bislang sehr langsam sind, sich auf deren Lebensrealitäten einzustellen. 88 Prozent aller Studienangebote im Bachelor und sogar 97 Prozent im Master werden laut einer aktuellen Auswertung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) als Vollzeitstudium angeboten. 
 
Zwar stieg demzufolge der Anteil der Programme, die (auch) in Teilzeit angeboten werden, allerdings zwischen 2019 und 2024 um gerade einmal sechs Prozentpunkte auf 19,9 Prozent. Dabei, hebt das CHE hervor, arbeiten selbst im klassischen Präsenzstudium rund zwei Drittel der Studierenden nebenbei, häufig in einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 15 Stunden. Und: Rund acht Prozent studieren mit einem oder mehreren Kindern, weitere knapp zwölf Prozent übernehmen Pflegeaufgaben für Angehörige.
 
Die staatlichen Universitäten zeigen sich hierbei am unbeweglichsten, während die staatlichen HAWs mehr flexible Optionen anbieten, insbesondere durch duale und berufsbegleitende Studienprogramme. Und die privaten Hochschulen? Haben sogar die Hälfte ihrer Bachelor-Studiengänge berufsbegleitend oder als Fernstudium konzipiert, wobei man an dieser Stelle auch das zu Recht kritisch diskutierte Wachstum der "IU Internationale Hochschule" nicht unterschlagen sollte. Und die Flexibilität kostet. Im Falle von weiterbildenden Studiengängen um die 15.000 Euro, berichtet das CHE, bei privaten wie bei staatlichen.
 
Und dennoch: Man muss kein Hellseher sein, um zu erkennen, dass abseits der Metropolen vor allem jene Hochschule bei den Studierenden – den einheimischen wie den internationalen – erfolgreich sein werden, die sich mindestens in Sachen Teilzeit bei ihren Angeboten etwas mehr einfallen lassen. 


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Alles außer Geld ­-
Mein Wunsch an die Bildungsrepublik

Heute von Dieter Bathen, Vorstandsvorsitzender der Johannes-Rau-Forschungsgemeinschaft:

"Ich wünsche mir einen fairen Wettbewerb auf Augenhöhe zwischen allen Forschungsinstitutionen, egal ob bundes- oder länderfinanziert, grundlagen- oder anwendungsorientiert, ohne Verzerrungen durch diskriminierende Bürokratie."

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